21.01.2021Arbeitswelt

Über die Arbeit der Zukunft

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Harald Kayser Vorstandsvorsitzender der PwC Europe SE
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Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus? Wo müssen wir gemeinsame Lösungen finden, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten?

Dies sind Fragen, die aktueller nicht sein können, denn durch den rasanten technischen Fortschritt verändern sich Unternehmensstrukturen, die Art der Arbeit und die dafür erforderlichen Fähigkeiten spürbar – und die COVID-19-Pandemie beschleunigt diesen Trend. Die Weiterbildung der Arbeitskräfte zur Bewältigung der digitalen Veränderung ist daher eine umfassende und gesellschaftlich komplexe Herausforderung, welche eine gemeinsame Anstrengung von Wirtschaftsführer/innen, Regierungen und Expert/innen erfordert.

Entscheidend ist, wer im digitalen Zeitalter die relevanten Fähigkeiten vorweisen kann, steigert seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt, der derzeit durch massiven Stellenabbau und gleichzeitig hohem Bedarf an Fachkräften geprägt ist.

„Upskilling“ wird wichtiger

In der aktuellen CEO-Studie von PwC zeigt sich, dass CEOs, die frühzeitig in Weiterbildung, einem sogenannten “Upskilling”, ihrer Mitarbeitenden investiert haben, nun von größeren Innovationen, gesünderen Unternehmenskulturen und höherer Produktivität sowie Loyalität der Mitarbeitenden profitieren. 28 % der befragten Führungskräfte gaben jedoch zu bedenken, dass mangelnde Ressourcen bezüglich des Budgets, dem Personal und der zu investierenden Zeit einem erfolgreichen Upskilling im Wege stehen. Diese Investition ist daher ein entscheidender Faktor, gerade in Zeiten, in denen ungefähr 59 Millionen Jobs in Europa (das entspricht ca. 26 %) durch die COVID-19-Folgemaßnahmen – etwa die Reduzierung von Arbeitsstunden oder Bezahlung, der Abbau von Urlaub sowie dauerhafte Entlassungen – gefährdet sind.

Eine dauerhafte Investition in die Mitarbeitenden und die Gesellschaft lohnt, da die Technologie nur so gut ist, wie die Führungskräfte, welche die darin liegenden Chancen erkennen, und die Menschen, die jeden Tag damit arbeiten. Die Arbeit der Zukunft wird vor allem durch Menschen geprägt, denn insbesondere digitale, höhere kognitive, soziale und emotionale Kompetenzen sowie Anpassungsfähigkeit und Resilienz sind notwendige Qualifizierungen für die Arbeit der Zukunft. Und gerade diese sogenannten “Soft Skills” lassen sich nicht durch Maschinen abbilden, sondern liegen auch weiterhin teils sichtbar, teils verborgen bei den Mitarbeitenden.

Das Schlagwort “Skills-Inventur” gewinnt in der heutigen Zeit immer mehr an Relevanz, denn obwohl Unternehmen regelmäßig Inventur machen, sind sich die meisten über ihr wichtigstes Gut, nämlich der Fähigkeiten der Mitarbeitenden, nicht im Klaren. Von Bedeutung ist es daher, eine Bewusstseinsentwicklung über aktuelle Fähigkeiten herzustellen. Dies betrifft nicht nur aktuelle, sondern auch künftig anfallende Aufgaben und Rollen im Unternehmen.

Nur so können treffende Handlungsempfehlungen hinsichtlich bestehender Qualifizierungslücken aufgezeigt und geschlossen werden. Aus unserer Erfahrung wird deutlich, dass es keine allgemeingültige Lösung für alle gibt. Dennoch gibt es Maßnahmen, welche die Grundbausteine für einen erfolgreichen Upskilling-Prozess legen. Unabhängig vom gewählten Schulungsansatz ist es wichtig, die Belegschaft frühzeitig auf den Weg der digitalen Transformation mitzunehmen, um sie bestmöglich auf die neue Zukunft vorzubereiten.

Welche Fähigkeiten brauchen wir?

In der Zusammenarbeit mit Unternehmen, Kunden und Regierungen werden immer wieder Kompetenzen und Fähigkeiten, wie z.B. Veränderungsbereitschaft, Leidenschaft, Flexibilität, interkulturelle Kompetenz und Einfühlungsvermögen sowie die Motivation zu lebenslangem Lernen und die Fähigkeit der emotionalen Intelligenz auf der persönlichen Ebene genannt – vor allem im digitalen und hybriden Arbeitsumfeld. Unternehmen müssen neuere Strukturen schaffen, welche die geforderte Flexibilität der Mitarbeitenden ermöglicht, Anreize geben und Transparenz sowie die damit verbundene Sicherheit vermitteln. Neben einer digitalen “Grundausbildung” ist es wichtig, Möglichkeiten der gezielten und kontinuierlichen Weiterbildung durch relevante Entwicklungsangebote zu etablieren.

Um nachhaltige Konzepte gut etablieren zu können und diese sozialverträglich zu gestalten, sind alle gefragt: Unternehmen, Interessenvertreter und Politik. Gute Ansätze und Programme sind bereits vorhanden, wie zum Beispiel staatliche und privatwirtschaftliche Initiativen, die eine Ausweitung der Digitalisierung in Deutschland fördern; Gesetze, die zu fairen und einfachen Rahmenbedingungen einer digitalisierten Wirtschaft beitragen; Studien, die den aktuellen Digitalisierungsgrad in Deutschland erfassen, um Ansatzpunkte und potentielle Maßnahmen zu verdeutlichen – jedoch müssen diese gerade in dieser herausfordernden Zeit intensiviert und erweitert werden.

Als Beispiel eines grundlegenden Upskilling-Prozesses für die gesamte Belegschaft kann die eigene Erfahrung von PwC dienen. Um die Mitarbeitenden bereits vor COVID-19 für die Zukunft effektiv und nachhaltig weiterzubilden, entwickelte PwC ein unternehmensweites Programm zur Weiterbildung der Mitarbeitenden, das zunächst in den USA startete und anschließend global ausgerollt wurde.

Für viele begann diese Reise mit der sogenannten Digital Fitness-App, welche die Erfahrung der Mitarbeitenden im Umgang mit digitaler Technologie analysierte und ihnen durch interaktive Lerninhalte half, Möglichkeiten der Anwendung und zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit zu finden. Mehr als 97.000 Personen im gesamten PwC-Netzwerk haben bereits das erste Fortbildungsprogramm abgeschlossen.

Nahezu 37.000 Personen wurden bereits darüber hinaus durch umfassende Schulungen in der Datenanalyse digital weitergebildet und fungieren als Multiplikatoren, sogenannte “Acceleratoren” oder auch “Digital Ninjas”, für Kollegen/innen. Mit dieser Initiative beabsichtigt PwC, einen interdisziplinären Ansatz zu fördern, bei dem alle befähigt werden zu erkennen, was im eigenen Arbeitsumfeld funktioniert, was skalierbar ist und wo die relevanten Chancen liegen, die Zukunft der Arbeit aktiv mitzugestalten.

Die Zukunft der Arbeit lässt sich nicht in wenigen Worten beschreiben, sondern unterliegt einem stetigen Wandel, den wir Menschen aktiv prägen können – gemeinsam! Wir sollten den Wandel als Chance begreifen und Menschen zu neuen Arbeitsweisen und Weiterbildungen motivieren. Die Zukunft der Arbeit und die heutige Zeit sind nicht nur eine Herausforderung für jedes Individuum oder jedes Unternehmen, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung, die alle betrifft und auf einem noch nie dagewesenen Niveau an Aufmerksamkeit gewinnt.

Jetzt ist es an der Zeit eine Gemeinschaft aufzubauen, in der sich Unternehmen und Gesellschaften zusammenschließen, um gemeinsam Fähigkeiten auszubauen, voneinander zu profitieren und die Zukunft mitzugestalten. Es bleibt spannend, was die Zukunft bringen wird, aber es liegt an uns, die Zukunft der Arbeit nachhaltig zu beeinflussen und zu prägen.

 

Harald Kayser