Die Zeit drängt beim Klimaschutz. Das ist inzwischen allen klar. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat jüngst noch einmal verdeutlicht, dass es um nicht weniger als den Erhalt der Lebensgrundlagen künftiger Generationen geht.

Zur Bewältigung der Klimakrise reicht es nicht, bessere Rahmenbedingungen zur fordern. Unabhängig von den wichtigen politischen Weichenstellungen brauchen wir auch glaubwürdige Impulse aus der Wirtschaft. Ohne diese Eigeninitiative zur Unterstützung des ökologischen Umbaus ist das ehrgeizige Ziel der Klimaneutralität nicht zu bewältigen. Zum Glück ist hier schon viel in Bewegung. So unterstützen wir als Versicherer die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen und die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. Damit wollen wir einen Beitrag zum Green Deal und zu einem klimaneutralen Europa leisten und positionieren uns klar:

  • Bis 2025 wollen Versicherer mindestens in ihren deutschen Liegenschaften klimaneutral arbeiten.
  • Bis 2050 streben Versicherer die Treibhausgasneutralität ihrer Kapitalanlagen an; bereits bis 2025 und dann fortlaufend sollen CO2-Reduktionen in den Portfolios realisiert werden.
  • Versicherer werden langfristig keine gewerblichen und industriellen Risiken mehr ins Portfolio nehmen, wenn ihre Kunden und Geschäftspartner keine Anstrengungen hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft unternehmen. Für die zügige Transformation setzt die Branche auf Dialog mit der Politik und ihren Kunden.

Als Versicherer machen wir die auf Klimaschutz ausgerichtete Transformation der Wirtschaft damit konkret. Als erster Versicherungsverband in Europa ist der GDV Unterstützer der globalen Net-Zero Asset Owner Alliance geworden. Damit werden wir Teil eines Netzwerks der weltweit größten Kapitalanleger, die die CO2-Emissionen ihrer Anlageportfolios bis zur Mitte des Jahrhunderts nach dem Stand der Wissenschaft auf netto Null reduzieren wollen.

Als Sektor sind wir davon überzeugt, dass eine ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft zur Nachhaltigkeit unabdingbar ist, um generationenübergreifend Handlungs- und Entscheidungsspielräume für Zukunftsgestaltung zu sichern. Aber das alles wird viel Geld kosten und angesichts der erschwerten Lage der öffentlichen Haushalte wird die Frage der Finanzierung klar zu beantworten sein. Denn auch die Finanzierung der grünen Transformation braucht eine generationengerechte Grundlage. Die Mobilisierung privaten Kapitals kann hier ein wichtiger Beitrag zur ausbalancierten Finanzierung des grünen Wandels sein. Und die Versicherungswirtschaft ist dafür ein guter Partner.

Bereits heute nehmen die Versicherer eine herausragende Rolle als Investoren in den ökologischen Wandel ein, wie z. B. als Finanzierer der Energiewende. Wir wollen uns aber gerne noch intensiver mit entsprechenden Investments engagieren. Dabei gilt stets: Kapitalanlagen müssen nicht nur ökologisch wirksam sein. Im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, für die das Geld angelegt wird, müssen die Investments auch rentabel sein. Daher brauchen die Versicherungsunternehmen entsprechende Rahmenbedingungen. Ein zentraler Baustein dieser Rahmenbedingungen sind verlässliche Informationen über die Risiken und Auswirkungen auf Umwelt, Soziales und Geschäftspraktiken (ESG-Kriterien). Mit der sogenannten Taxonomie wird hier ein entsprechendes Klassifizierungssystem geschaffen, das für Versicherer eine wesentliche Voraussetzung für nachhaltige Investitionen darstellt.

Aktuell legen die Versicherer jeden Tag 1,3 Milliarden Euro am Kapitalmarkt neu an. Davon könnte noch mehr in die klimafreundliche Transformation investiert werden. Allerdings gibt es derzeit zu wenige passende Projekte. Hilfreich wäre die Entwicklung eines Green Bonds Standards (GBS) auf Basis der Taxonomie, um einheitliche und glaubwürdige Standards einzuführen.

Neben einer deutlichen Ausweitung der Emissionen von Green Bonds von Unternehmen, brauchen wir ein solches Angebot aber auch von Staaten. Denn um die nationalen und europäischen CO2-Ziele zu erreichen, sind nicht nur Investitionen der Realwirtschaft notwendig, sondern auch erhebliche Investitionen der Öffentlichen Hand in grüne Infrastruktur. Beispiele sind hier der Ausbau der Erneuerbaren Energien-Infrastruktur, Geothermie oder die Dämmung von Gebäuden. Hier sollten mehr Investitionsmöglichkeiten für privates Kapital geschaffen werden.

Der Weg zur Nachhaltigkeit ist vielfältig. Eine allgemein gültige Lösung gibt es nicht, auch nicht für Versicherer. Kleine und große, Voll-, Nischen- und Sparten-Versicherer sind mit unterschiedlichen Nachhaltigkeits-Herausforderungen konfrontiert. Die Anforderungen der Regulierung sowie die Aufsichtspraxis sollten diese Unterschiedlichkeit berücksichtigen.

Regulierung ersetzt jedoch keine entschlossene Klimapolitik. Dazu gehört in erster Linie eine verlässliche CO2-Bepreisung auf möglichst internationaler Ebene. Als Versicherer sind wir der Auffassung, dass sich durch eine entschlossene CO2-Bepreisung automatisch Investitionsbedarfe der Realwirtschaft ergeben, die von den Unternehmen der Finanzwirtschaft finanziert werden können.

Die deutschen Versicherer leisten also bereits unseren Beitrag und sind bereit, noch mehr zu tun. Wir sind prädestinierte Partner für die grüne Transformation der Wirtschaft. Deswegen werden wir die Debatte über nachhaltige Kapitalanlagen fortführen. Die Zeit drängt, der Klimawandel ist im vollen Gange.

 

Jörg Asmussen