Die Klimapolitik will fossile Energieträger deutlich verteuern und so einen klimagerechten Umbau der deutschen Wirtschaft in Gang setzen. Wir wagen uns an eine Abschätzung möglicher Kosten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich die Klimapolitik auf die Inflation auswirken könnte. Demnach könnte die deutsche Inflationsrate während einer Übergangsphase um 1/2 Prozentpunkt pro Jahr höher ausfallen, wobei diese Schätzung mit einer hohen Unsicherheit verbunden ist

Zwei Kostenwellen

Die Klimapolitik erhöht die Inflation, indem sie zwei Kostenwellen auslöst (Grafik 1).

Zunächst müssen die Unternehmen mehr für CO2-Emissionen zahlen. Weitere Kosten kommen auf sie zu, weil der höhere CO2-Preis sie zu einem klimagerechten Umbau ihrer Produktion veranlasst.

Erstens: Verteuerung von CO2: Die Kosten von CO2-Emissionen dürften in den kommenden Jahren in Deutschland stetig zunehmen. So wird die CO2-Abgabe von derzeit 25 Euro pro ausgestossener Tonne CO2 bis 2025 auf 55 Euro steigen. Für die Zeit danach ist geplant, fossile Kraftstoffe und Heizenergieträger in einen Zertifikathandel zu integrieren, wobei der sich am Markt bildende CO2-Preis tendenziell steigen dürfte. Weil somit der Preis für die Verwendung fossiler Energieträger zunehmen wird, dürften die Unternehmen und Verbraucher weniger davon nachfragen; die verbrauchten Mengen nehmen ab. In der Folge wird die finanzielle Gesamtbelastung von Unternehmen und Haushalten (und die Einnahmen des Staates) aus der CO2-Abgabe und dem Emissionshandel ab einem bestimmten Zeitpunkt abnehmen; spätestens 2045, wenn kein CO2 mehr emittiert werden soll, wird sie auf null fallen.

Zweitens: Kosten des klimagerechten Umbaus: Die höheren CO2-Preise sowie umfangreiche Regulierungen werden die Unternehmen zu einem klimagerechten Umbau veranlassen. Hierzu sind zum einen Investitionen notwendig, die sonst gar nicht oder zumindest später erfolgt wären. Zum anderen dürften viele Produktionsprozesse zeitweise teurer werden. Wie sich diese Kosten im Zeitablauf entwickeln werden, ist derzeit kaum abzuschätzen. Wahrscheinlich werden sie aber zunächst von Jahr zu Jahr steigen, da zunächst die einfacheren (und weniger kostenintensiven) Maßnahmen ergriffen werden. Insbesondere die Vermeidung der letzten CO2-Emissionen dürfte sehr teuer werden. Spätestens ab 2045 dürften die Ausgaben von Unternehmen und privaten Haushalten aber zurückgehen, da die Umstellungsinvestitionen erfolgt sind. Zudem werden die laufenden Kosten durch technischen Fortschritt wohl wieder fallen. Ob die Kosten auf lange Sicht höher oder niedriger sein werden als derzeit, lässt sich kaum sagen. Zwar werden z.B. bei der Energieerzeugung weniger Inputkosten anfallen, da Wind und Sonne anders als Erdgas oder Steinkohle nichts kosten. Allerdings dürften wegen der starken Schwankungen der Energieerzeugung aus Wind und Sonne wohl deutlich größere Reservekapazitäten vorgehalten werden müssen, die ebenfalls Kosten verursachen.

Die erste Kostenwelle: Die CO2-Abgabe

Wir analysieren zunächst die erste Kostenwelle, die durch die CO2-Abgabe ausgelöst wird und die die Unternehmen zumindest auf die lange Sicht durch höhere Preise an ihre Kunden weitergeben dürften. Die seit Anfang dieses Jahres erhobene Abgabe von 25 Euro je Tonne CO2 hat nach Berechnungen des Sachverständigenrates die Verbraucherpreise über teurere Kraft- und Heizstoffe in diesem Jahr um gut 0,6% erhöht (Grafik 2). In den kommenden Jahren wird der Inflationseffekt geringer ausfallen, da die Abgabe dann nach aktueller Gesetzeslage in kleineren Schritten angehoben wird.

Weitere Effekte kann es dadurch geben, dass die höheren Energiekosten die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen (z.B. höhere Benzinkosten für Taxifahrten) verteuern und die Unternehmen das ebenfalls an ihre Kunden weitergeben. Würde dies in vollem Umfang erfolgen, ergäbe dies noch einmal einen ähnlich großen Effekt auf die Verbraucherpreise wie der direkte Effekt über höhere Energiekosten. Alles in allem dürfte die CO2-Abgabe die Verbraucherpreise über direkte und indirekte Effekte in den kommenden Jahren insgesamt um knapp 3% erhöhen.

Die zweite Kostenwelle: Der klimagerechte Umbau der Wirtschaft

Nachdem wir die Auswirkungen höherer CO2-Preise auf die Inflation untersucht haben (erste Kostenwelle), geht es nun um die Kosten des klimagerechten Umbaus der Unternehmen, der durch die höheren CO2-Preise und regulatorische Vorgaben ausgelöst wird.

Die deutschen Wissenschaftsakademien schätzten im November 2017, dass bei einer Reduktion der Klimagasemissionen um 90% bis 2050 im Vergleich zu einem Referenzszenario ohne aktive Klimapolitik zusätzliche Kosten von 3.000 Mrd Euro anfallen würden. Pro Jahr wären dies knapp 100 Mrd Euro oder gut 2 1/2 % des aktuellen Bruttoinlandsproduktes.

Auf deutlich geringere Werte kommt eine im Auftrag des BDI verfasste Studie. Nach ihr belaufen sich die Mehrausgaben für eine Reduktion um 95% auf etwa 1.420 Mrd Euro, wobei die Kosten aus mehreren Gründen eher niedrig angesetzt sind. So wird unterstellt, dass der kostengünstigste Weg zur Klimaneutralität beschritten wird, was jedoch fraglich ist, weil die Politik in vielen Bereichen nicht auf Preissignale, sondern auf Regulierung setzt.

Auf Basis dieser beiden Studien gehen wir davon aus, dass sich die jährlichen Kosten der klimagerechten Umstellung der Wirtschaft auf durchschnittlich etwa 2 bis 21/2% des Bruttoinlandsproduktes belaufen werden. Dabei dürften sie in den kommenden Jahren zunächst unter diesem Durchschnitt liegen, bis Ende des laufenden Jahrzehnts aber auf einen Wert am oberen Ende dieser Spanne oder sogar darüber zunehmen. Spätestens ab 2045 werden diese Kosten dann aber deutlich fallen.

Die Inflation in den kommenden Jahren

Einen großen Teil dieser zusätzlichen Kosten werden die Unternehmen an ihre Kunden weitergeben, also sowohl an ihre Kunden im Ausland als auch an die inländischen Käufer von Investitionsgütern, Konsumgütern sowie Dienstleistungen. Dies wird auch möglich sein, da alle Anbieter hiervon betroffen sind – die ausländischen Unternehmen entweder über eigene nationale Maßnahmen oder über eine zu erwartende CO2-Grenzabgabe.

Folglich dürfte die Klimapolitik die Verbraucherpreise wegen der Umstellungskosten bis zum Ende dieses Jahrzehnts für sich genommen um etwa 21/2% erhöhen. Hinzu kommt der Effekt der CO2-Abgabe, der eine ähnliche Größenordnung haben dürfte. Damit ergibt sich für den gesamten Zeitraum ein Anstieg der Verbraucherpreise um etwa 5%; pro Jahr bedeutet das eine im Durchschnitt um etwa 1/2 Prozentpunkt höhere Inflationsrate. Damit ist die Klimapolitik wie die De-Globalisierung oder die große Demographische Wende (abnehmender Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter) ein strukturelles Argument für eine höhere Inflation im Durchschnitt der kommenden Jahre.

 

Dr. Jörg Krämer

Dr. Ralph Solveen