Mit einem guten Ausbildungsplatz in ein neues, selbst bestimmteres Leben aufbrechen: So sieht der Start in das Ausbildungsjahr 2021 für viele Jugendliche aus. Aber leider längst nicht für alle. Tausende Ausbildungsplätze fehlen und anstelle einer gewünschten beruflichen Ausbildung setzen junge Menschen unfreiwillig die Schule fort oder befinden sich in anderen Warteschleifen.
Die Corona-Krise führt – noch schlimmer als schon in 2020 – zu einem Einbruch bei den Angeboten an Ausbildungsplätzen. Laut Bundesagentur für Arbeit streichen die Betriebe weitere 14.000 Ausbildungsstellen gegenüber dem Vorjahr und unterbieten den Minusrekord aus dem Jahr 2020 mit unter 500.000 Stellen. Unsere Jugendlichen verlieren damit weitere Zukunftschancen. Das duale Ausbildungssystem kommt noch stärker unter Druck. Der Fachkräftemangel – eines der größten Probleme der deutschen Wirtschaft – verschärft sich. Den Unternehmen fehlen die Mitarbeiter von morgen.
Und die Jugendlichen selbst? Die Auszubildenden, Dual Studierenden und jungen Beschäftigten berichten, dass sich während der Krise ihre die psychische Gesundheit verschlechtert hat. Sie empfinden einen Kontrollverlust über das eigene Leben und sie befürchten, dass sich durch diese Zeit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verschlechtert haben. Zu diesen dramatischen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie der IG Metall. Es ist deshalb höchste Zeit für einen radikalen Reformschritt: Staat und Unternehmen müssen allen Jugendlichen eine Ausbildungsgarantie geben. Diese muss solidarisch finanziert sein, die Grundlage für ein lebenslanges Lernen ermöglichen und die Betriebe bei der Durchführung und Qualität der Ausbildung unterstützen.
Allen Jugendlichen bis 27 Jahren muss eine Garantie – und damit ein verbindlicher, gesetzlicher Anspruch – für eine betriebliche Ausbildung gegeben werden. Nur wenn es nicht mit einer Stelle in einem Unternehmen klappt, muss eine Alternative nah am Betrieb geschaffen werden. Ausbildungsbetriebe können im Rahmen von Kooperationen oder Verbundausbildungen andere Betriebe unterstützen und zum Beispiel Ausbildungspersonal oder –Werkstatt gemeinsam nutzen. Bei Bedarf kommen außerbetriebliche Ausbildungsstätten, die allerdings mit der betrieblichen Wirklichkeit über Praktika etc. enger verzahnt werden müssen, hinzu. Auszubildenden mit Defiziten erhalten durch internen Werksunterricht Unterstützung und schaffen die Ausbildung. Ein externes Ausbildungsmanagement übernimmt in kleinen und mittleren Betrieben die Rolle einer Ausbildungsleitung und hilft von der Auswahl der Bewerber*innen bis hin zu persönlichen Problemen.
Mit alleine einer Ausbildung durch das Arbeitsleben zu kommen, wird gerade wegen der Transformation der Wirtschaft immer seltener. Deshalb müssen wir die Berufsschulen zu Kompetenzzentren für ein lebenslanges Lernen weiter entwickeln und näher an die Betriebe bringen. Mit einer neuen Durchlässigkeit zwischen Berufsabschluss und Studium kann auch die Attraktivität der betrieblichen Ausbildung gestärkt werden.
Die Finanzierung der Ausbildungsgarantie übernimmt ein neuer „Zukunftsfonds Ausbildung“. Alle Firmen – die nicht oder zu wenig ausbilden – zahlen ein. Alle Betriebe, die über den eigenen Bedarf ausbilden, erhalten finanzielle Mittel. Auch die anderen Maßnahmen können aus dem Fonds finanziert werden. Angesichts der Tatsache, dass gerade mal jeder vierte Betrieb ausbildet, ist eine solche solidarische Finanzierung mehr als gerechtfertigt. Corona darf nicht dazu führen, dass eine ganze Generation ihre Perspektiven verliert. Gemeinsam müssen wir gegensteuern. Mit der solidarisch finanzierten Ausbildungsgarantie liegt ein Konzept dafür auf dem Tisch.
Daniel Friedrich