Um null Uhr am ersten September lief der Tankrabatt aus. Am Tag vorher bildeten sich an vielen Tankstellen noch einmal lange Schlangen. Viele Bürger wollten ein letztes Mal relativ günstig volltanken, bevor am nächsten Tag wieder der volle Preis zu zahlen war. Und tatsächlich: Die Markttransparenzstelle meldet, dass die durchschnittlichen Benzinpreise am Ende des Tankrabatts um fast genauso viele Cent gestiegen sind, wie sie zu seiner Einführung gestiegen sind, nämlich um etwa 23 Cent.

Immerhin gibt es auch eine gute aktuelle Nachricht: Zwischen dem 1. September und dem 12. September ist der Preis für einen Liter Super E5 im Durchschnitt wieder um 7 Cent gesunken. Damit setzt sich ein Trend fort, der zwischen Juni und August bereits intakt war, und der nur durch den schleichenden Anstieg der Benzinpreise ab Mitte August unterbrochen wurde, der vermutlich zum Teil bereits das Ende des Tankrabatts antizipierte. Die seit Mai wieder sinkenden Rohölpreise erreichen nun zumindest teilweise wieder die Verbraucher.

Schauen wir aber noch einmal kurz zurück: Der Tankrabatt funktionierte als temporäre Steuersenkung in der Energiesteuer. Da auf die Energiesteuerlast auch Mehrwertsteuer erhoben wird, sank deren Last ebenfalls ein wenig. Insgesamt betrug die Steuersenkung beim Benzin 35 Cent pro Liter und beim Diesel 17 Cent pro Liter.

Vor Einführung des Tankrabatts gab es einige Skepsis hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang die Steuersenkung an die Verbraucher weitergegeben würde. Wenn der Wettbewerbsdruck so gering ist, dass die Anbieter sich explizit oder auch nur durch informelle Koordination mehr oder weniger auf einen gemeinsamen Preis einigen können, dann ist nicht zu erwarten, dass ein zeitlich begrenzter Steuerrabatt weitergegeben wird. Zwar war das Kartellamt bisher nur wenig erfolgreich dabei, ausdrückliche Preisabsprachen nachzuweisen. Dennoch gilt der Kraftstoffmarkt gemeinhin als ein Markt, auf dem Preiswettbewerb schlecht funktioniert. Entsprechend pessimistisch waren die Erwartungen.

Nun liegen inzwischen jedoch einige Studien vor, die zeigen, dass der Tankrabatt fast vollständig an die Verbraucher weitergegeben wurde. Eine dieser Einschätzungen wurde bereits kurz nach Einführung des Tankrabatts von Forschern des ifo-Instituts veröffentlicht.

Und auch Jonas Dovern (FAU Nürnberg) und Ko-Autoren fanden Evidenz für eine fast vollständige Weitergabe.

Das passt zunächst einmal nicht zu dem Bild, das wir vom Kraftstoffmarkt haben. Es wäre aber voreilig, es als Indiz dafür zu nehmen, dass allgemein ein hoher Wettbewerbsdruck auf diesem Markt herrscht. Tatsächlich kann auch die hohe öffentliche Aufmerksamkeit, die zu diesem Zeitpunkt herrschte, die Anbieter dazu gebracht haben, in diesem Fall auf eine Koordination auf ein höheres Preisniveau zu verzichten.

War der Tankrabatt also ein Erfolg? Nur in dem Sinne, dass er so funktioniert hat, wie die Politik es sich wünschte. Der Verzicht auf rund 2,5 bis 3 Mrd. Euro Steuereinnahmen führte zu zeitweise geringeren Kraftstoffpreisen. In der politischen Rhetorik vor Einführung des Rabatts spielten vor allem beruflich bedingte Autofahrten eine große Rolle. Es ging um den Pendler, der weite Fahrten zur Arbeit hat, oder um die Handwerkerin, die mit ihrem Werkzeug in einem großen Kilometerradius Kunden erreichen muss.

Diese Zielgruppe mag man auch erreicht haben, aber nicht nur. Der Tankrabatt galt ausgerechnet in den Sommerferien, in denen beruflich bedingte Fahrten natürlich eine geringere Rolle spielten. Urlaubs- und Ausflugsfahrten wurden dagegen in diesem Zeitraum wohl in höherem Ausmaß steuersubventioniert. Wäre es wirklich vor allem um beruflich veranlasste Fahrten gegangen, dann wäre eine noch höhere Pendlerpauschale sicherlich zielführender gewesen. Und diese hätte, da sie für die Distanz unabhängig vom Verkehrsmittel angesetzt wird, auch Anreize zur Substitution von Autofahrten durch ÖPNV-Fahrten nicht reduziert.

Über die Einkommensverteilung gesehen wurden tendenziell durch den Tankrabatt eher wohlhabendere Haushalte stärker entlastet. Diese besitzen häufiger überhaupt einen PKW. Und sie besitzen häufiger mehrere PKW, die von mehreren Personen in einem Haushalt parallel genutzt werden. Sie fahren auch tendenziell größere Wagen mit höherem Kraftstoffverbrauch. Daher wurden mit dem Tankrabatt häufig Haushalte entlastet, die die höheren Kraftstoffkosten auch selbst hätten tragen können. Ebenso wurden Haushalte entlastet, die die Möglichkeit gehabt hätten, Autofahrten stärker zu reduzieren. Auch hier gilt: Andere Maßnahmen, wie der Weg über die Pendlerpauschale, hätten zielgerichteter und anreizneutraler gewirkt.

Die Anreizwirkungen sind sicherlich sowieso verglichen mit den Verteilungseffekten das noch größere Problem. Ausgerechnet in einer Zeit, in der die schnelle Unabhängigkeit von russischem Öl sicherheitspolitische Priorität hätte haben sollen, störte der Tankrabatt Anreize zum Sparen von Kraftstoff. Und auch in einer langfristigen Perspektive war es kontraproduktiv, den Kraftstoffverbrauch zu subventionieren, obwohl klimapolitisch ein stetiger Pfad steigender Preise für fossile Energien angezeigt sein wird.

Was oft von Laien nicht verstanden wird ist, dass es hier um relative Preise geht, also um den Preis eines Gutes relativ zu allen anderen Gütern. Eine selektive Steuersenkung ist dann eben nicht einfach eine Reduktion einer Preisverzerrung durch eine Steuer, sondern der Relativpreis des besteuerten Gutes wird gezielt verändert. Dies ist vor allem dann problematisch, wenn die Steuer – wie die Energiesteuer – nicht nur fiskalische Zwecke verfolgt, sondern auch dazu dienen soll, externe Kosten des Kraftstoffverbrauchs für die Konsumenten transparent und spürbar zu machen.

Und die Inflationsbekämpfung? Der Tankrabatt hat die statistisch gemessene Inflationsrate tatsächlich für drei Monate ein wenig gedrückt. Es gibt einzelne Ökonomen, die argumentieren, dass mit solchen Preismanipulationen der EZB bei der Inflationsbekämpfung geholfen werde und diese sich dafür mit Zinserhöhungen etwas mehr zurückhalten könne. Aber auch dieses Argument ist dubios. Denn die höheren Energiekosten verschwinden ja nicht.

Die statistische Inflationsrate wird so zwar erfolgreich manipuliert, ökonomisch bleiben die Kostenersteigerungen aber erhalten. Sie werden nur unauffällig über das öffentliche Budget sozialisiert. Die Preiserhöhungen wurden beim Tankrabatt nicht mehr von denen getragen, die Benzin und Diesel nachfragten. Will man wissen, wer die Last trug, dann muss man sich fragen, was mit den 2,5 bis 3 Mrd. verlorenen Steuereinnahmen sonst passiert wäre. Vielleicht wären Entlastungen in Form von Direktzahlungen an wirklich bedürftige Haushalte etwas höher ausgefallen. Diese würden dann die Last des Tankrabatts tragen.

Das alles lässt den Tankrabatt in einem schlechten Licht erscheinen. Er war weder zielgenau, noch setzte er die Anreize, die man in dieser Krise eigentlich für sinnvoll erachtet hätte. Positiv ist immerhin, dass der Ausstieg aus dem Tankrabatt wie geplant funktionierte. Versuchungen, den Rabatt zu verlängern oder zu verstetigen, hat die Bundesregierung bisher widerstanden. Dabei sollte es bleiben.

 

Prof. Dr. Jan Schnellenbach