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Seit über einem Jahr bestimmt das Corona-Virus das Leben in Deutschland. Als Maßnahme gegen seine Ausbreitung wurden Geschäfte, Produktionsstätten, gastronomische Betriebe ebenso wie Schulen und Kitas geschlossen. Die Eingriffe zum Schutz der Gesundheit und des Lebens waren nötig, doch sie haben die Unternehmen in unserem Land – vom DAX-Konzern bis zum kleinen Mittelständler – erheblich belastet.

Die Politik hat der Wirtschaft in der Corona-Pandemie beherzt unter die Arme gegriffen. Mit umfänglichen Hilfsprogrammen wurden Unternehmen und andere Organisationen gestützt. Die Förderbanken des Bundes und der Länder haben diese Unterstützungsmaßnahmen in einer großen Kraftanstrengung umgesetzt.

Durch die Unterstützung konnten die schlimmsten ökonomischen Konsequenzen abgewendet werden. Trotzdem wird der wirtschaftliche Neustart nach der Krise kein Selbstläufer. Denn neben den Folgen der Pandemie steht die deutsche Wirtschaft vor weiteren großen Zukunftsherausforderungen, allen voran die Digitalisierung sowie die notwendige Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit. Beide Trends haben durch Corona noch einmal an Bedeutung und Geschwindigkeit gewonnen.

Nach der Krise geht es darum, den wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen und gleichzeitig die nachhaltige und digitale Transformation der Wirtschaft zu unterstützen. Damit dies gelingt, sind massive Investitionen in die öffentliche und private Infrastruktur nötig – und um diese zu mobilisieren, braucht es eine kluge und zukunftsgerichtete Förderstrategie.

Erstens: Das Instrumentarium zur Förderung der Digitalisierung muss ausgeweitet und angepasst werden: Corona hat die Digitalisierungsbemühungen vieler Unternehmen verstärkt. Trotzdem hinkt die deutsche Wirtschaft bei der strukturellen digitalen Transformation immer noch hinterher. Eine in die Zukunft gerichtete Förderstrategie muss hier ansetzen und Anreize für eine beschleunigte und umfassende Ausweitung der Digitalisierungsbemühungen schaffen. Dies kann mit speziellen Förderkrediten, die höhere Haftungsfreistellungen und Subventionen enthalten, erfolgen. Denkbar ist auch eine Kombination der förderpolitischen Instrumente „Förderkredit“ und „Zuschuss“. Überwiegend werden private Investitionen durch die Aufnahme von Krediten gestemmt. Vor dem Hintergrund der bereits erhöhten Verschuldungslage einiger Unternehmen im Zuge der Corona-Pandemie sollten daneben auch weitere Finanzierungsinstrumente in Betracht gezogen werden wie etwa Leasingmodelle oder Mezzanine-Kapital.

Zweitens: Die Rahmenbedingungen bei der Gründungsförderung müssen verbessert werden: Die Förderung von Unternehmensgründungen ist seit jeher ein Schwerpunkt der Aktivitäten der deutschen Förderbanken. Doch schon vor der Krise gab es erhöhten Handlungsbedarf in der Startup-Förderung. Mit dem Startup-Paket des Bundes wurden in der Corona-Pandemie erstmals neue Fördermodelle aufgesetzt. Nun gilt es, diese durch eine langfristige finanzielle Absicherung zu verstetigen und auszubauen. Ein zentraler Punkt dabei ist die einfachere Mobilisierung von Venture Capital – vor allem auch privatem Kapital – und der Verbesserung des VC-Ökosystems, zum Beispiel durch verbesserte (steuer-)rechtliche Rahmenbedingungen. Daneben ist auch die Auflage von speziellen Dachfonds sinnvoll, die es privaten Kapitalgebern erleichtern, in die Vielzahl an bestehenden deutschen Venture-Capital-Fonds zu investieren.

Drittens: Innovationsfinanzierung muss unterstützt werden: Innovationsfähigkeit und Produktivität gehen Hand in Hand und sind bedeutende Faktoren zur Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Insbesondere neue innovative Querschnittstechnologien haben ein hohes Potenzial für Produktivitätssteigerungen. Deshalb ist es wichtig, die Innovationsfinanzierung auszubauen und zu optimieren. So sollten beispielsweise für Fördermaßnahmen entsprechende Ambitionsniveaus angestrebt werden. Steigende Förderquoten nach Innovationsgrad und/oder die Übernahme von Risiken (First Loss Tranchen) können den Wandel von Wirtschaftspraktiken stimulieren sowie technologische und operative Risiken für Investoren minimieren.

Viertens: Ökonomie und Ökologie müssen bei der Förderung stärker in Einklang gebracht werden: Der Investitionsbedarf zur Finanzierung der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft ist enorm. Dabei kommt dem Finanzsektor – und insbesondere den öffentlichen Banken – eine tragende Rolle zu. Mit ihrem Potenzial zur Lenkung der Kapitalströme in nachhaltige Investitionen treiben sie den Wandel wesentlich voran. Dabei müssen Ökologie und Ökonomie noch stärker gemeinsam gedacht und ökonomische Aspekte bei der Finanzierung und Förderung von Umwelt- und Klima-Technologien stärker miteinbezogen werden. Auch die Lebenszyklusperspektive gilt es konsequenter zu berücksichtigen. Zur Erhöhung der Transparenz von Technologiealternativen sollten festgelegte Zielkennzahlen (wie u. a. der Gesamtwirkungsgrad in einer Prozesskette) in industriepolitische Maßnahmen integriert werden. So können Investoren leichter Entscheidungen treffen und den Finanzierungsprozess unterstützen. Gleichzeitig würde so langfristig die Kapital- und Fördereffizienz erhöht.

Fünftens: Es bedarf zielgerichteter Kooperationen der öffentlichen Hand mit dem privaten Sektor: Die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Entsprechend müssen öffentliche Hand und privater Sektor gemeinsam voranschreiten. Eine sinnvolle Möglichkeit wären z.B. föderale Kompetenznetzwerke für nachhaltige Infrastrukturfinanzierung und –förderung. Die gebündelte Expertise und entstehenden Synergien eines solches Netzwerkes könnten die nachhaltige Ausgestaltung von Investitionen, insbesondere auf kommunaler Ebene, ganz gezielt ermöglichen. Ebenso denkbar sind Transformationsfonds, die in klimafreundliche Technologien, Produktionsprozesse und Produkte investieren. Solche Fonds sollten mit privaten Beteiligungen einhergehen und bei der konkreten Mittelverwendung und der Verwaltungsstruktur auf das bestehende Wissen der Bundes- und Landesförderbank(en) zurückgreifen.

Die politische Diskussion um die künftigen Schwerpunkte der Förderpolitik von Bund und Ländern haben vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch einmal an Relevanz und Intensität gewonnen. Die umfassende Auseinandersetzung mit den Zielen und Instrumenten ist sinnvoll, denn sie müssen von einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens getragen werden. Nur gemeinsam können wir die großen Herausforderungen, vor denen unsere Wirtschaft steht, bewältigen. Die notwendigen Anpassungen im Sinne einer zukunftsgerichteten Förderstrategie, wie sie in den hier aufgeführten fünf Punkten skizziert sind, können dabei ein wesentlicher Baustein sein.

 

Iris Bethge-Krauß

 

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