Solar is back

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Andreas Kuhlmann Vorsitzender der Geschäftsführung der Dena
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Neue Zellen-Power für die Energiewende

Keine Frage, das Auf und Ab der Photovoltaik gehört zu den spektakulärsten und ambivalentesten Aspekten der Energiewende in Deutschland. Auf der einen Seite ein Engagement, das weltweit gelobt wird, weil es eine Zukunftstechnologie marktfähig und günstig gemacht hat. Auf der anderen Seite die Jahre der Kostenexplosion, in die die Politik unnötigerweise und sehenden Auges hineingelaufen ist und die uns heute noch beschäftigt.

Getrieben von Gier und Lobbyismus hat es die Politik versäumt, rechtzeitig die Preise anzupassen. Ein Fehler, der heute noch weh tut und an dem die Branche nicht unschuldig ist. Die heutigen Kosten im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind zu großen Teilen darauf zurückzuführen und die gegenwärtige Diskussion über die richtigen Maßnahmen für Energiewende und Klimaschutz leidet noch immer an der Sorge, ein solcher Fehler könne sich wiederholen.

Revival der Photovoltaik

Es wird Zeit, sich davon frei zu machen. Die Photovoltaik steht vor einem spektakulären Revival, von dem Energiewende und Klimaschutz, aber auch der Industriestandort Deutschland profitieren können. Das verdeutlichen die Fakten:

PV wächst: Lag der Zubau von PV-Anlagen in Deutschland vor fünf Jahren noch unterhalb von 1,5 Gigawatt (GW), so können wir für das Jahr 2020 einen Wert von rund fünf GW vermelden. Damit hat sich die jährliche Ausbaukapazität im Vergleich zu 2017 verdreifacht.

PV ist günstig: Die Zuschlagswerte für PV-Strom in den Ausschreibungen des EEG sinken weiter. Heute liegen wir bei den besten Geboten klar unter 5 ct/kWh und bei den durchgeführten Ausschreibungen kommt es regelmäßig zu Überzeichnungen. Anders als bei Wind, bei dem gegenwärtig vor allem Probleme, die auf Länderseite liegen, ausgeräumt werden müssen. Die ersten PV-Ausschreibungen im Jahr 2015 lagen noch bei 9,17 Cent / kWh. Das zeigt: Es gibt einen funktionierenden Wettbewerb und großes Interesse der Investoren an PV-Großkraftwerken.

PV ist wieder innovativ und vielfältig:

Das gilt zum einen für die neuen Wege der Förderung. Vor allem für Solar werden aktuell über Power Purchase Agreements (PPA) spannende Projekte jenseits der EEG-Förderung oder als kombinierte Projekte jenseits der bisherigen maximalen Größe von 10 MW bzw. von 20 MW (EEG-Novelle) realisiert. Das sorgt für Schwung und eine neue Haltung gegenüber erneuerbaren Energien. Zudem spielen Anlagenkonzepte, die den Eigenverbrauch in den Fokus stellen, eine immer größere Rolle.

Das gilt auch für neue Technologien. Hier besteht eine große industriepolitische Chance. Beispielsweise mit den Perowskit-Solarzellen von Oxford PV, mit denen aktuell in Brandenburg eine erste 100-MW-Linie aufgebaut wird. Eine 1-GW-Linie soll bald folgen. Mit ihnen ist eine Steigerung der Effizienz der Solarzellen von heute ca. 25 % mit den besten Silizium-Solarzellen auf eine Effizienz von ca. 30 % und mehr verbunden.

PV ist Industriepolitik:

Gegenwärtig sehen wir, dass es echte Chancen für die Rückkehr der PV-Produktion nach Deutschland gibt. Dabei kann Deutschland auch von der weiterhin bestehenden exzellenten Forschungslandschaft profitieren. Der Aufbau einer Solarzellen- und Modulproduktion in Sachsen-Anhalt (Thalheim) und Sachsen (Freiberg) durch Meyer-Burger (Heterojunction Technologie / Modulzellen mit einem weitaus höheren solaren Wirkungsgrad bis + 24 %) zum Beispiel. Die deutsche PV-Technologie ist auch international wieder stark gefragt, z.B. bei Wechselrichtern ist SMA (Solar Technology aus dem nordhessischen Niestetal) immer noch Weltmarktführer. Die deutsche Industrie profitiert dabei auch von den weltweiten Investitionen in die Photovoltaik. So ist der globale Markt alleine im Jahr 2019 mit einem Zubau von 98 GWp um 20 Prozent gewachsen (IRENA 2020). Es gibt einen stark steigenden Auftragseingang der erforderlichen Produktionsmittel, etwa aus China. Und auch in den USA und anderen Ländern stehen neue Programme vor der Tür. Diejenigen, die sich für Aktien interessieren, können ohne Zweifel sagen: Solar boomt.

PV wird gebraucht:

Photovoltaik-Anlagen liefern relevante – und steigende – Teile des Erneuerbaren-Stroms und werden nicht nur als großer Einspeiser, sondern auch für den Klimaschutz benötigt. Diese wichtige Rolle, die der Photovoltaik zukommt, spiegelt die gegenwärtige Dynamik im Markt. Und das Segment ist noch lange nicht ausgeschöpft. Potenzial gibt es bei Aufdachanlagen ebenso wie im großen Stil bei den Freiflächenanlagen. Veränderte Nutzungsformen wie bei der landwirtschaftlichen Doppelnutzung von Flächen, der sogenannten Agri-PV, oder auch bei schwimmender Photovoltaik, der Floating-PV, werden das Gesicht des Marktes verändern. Mit den früheren Gestehungskosten wären solche innovative Anwendungen nicht denkbar gewesen – heute schon. Die Technologie hat große Entwicklungssprünge gemacht.

Das zeigen alle Studien. Auch in dem aktuellen Projekt „dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität“ zeichnet sich ab, dass der Photovoltaik eine deutlich größere Rolle beigemessen wird als noch vor wenigen Jahren. Dass das heute niemand mehr in Frage stellt, zeigt die Dynamik, die gegenwärtig im Markt gesehen wird.

Die Stromgestehungskosten für Photovoltaik sind seit 2010 um über 80 % gesunken (IRENA 2020). Das ist im Wesentlichen auf die Senkung der Modulpreise zurückzuführen. Schon jetzt hat PV die niedrigsten Stromgestehungskosten – auch in Deutschland. Und neue Technologien sind just around the corner.

Interessant ist auch die Entwicklung bei Speichern in Kombination mit der Photovoltaik. Da für mehr und mehr Anlagen die 20-jährige EEG-Förderung ausläuft, werden sich – neben dem Eigenverbrauch – auch zunehmend innovative Geschäftsmodelle mit Speichern verbreiten, zum Beispiel Cloud-Lösungen. Hier gibt es auf Ebene der Bundesländer auch gute Förderprogramme.

Besonders deutlich wird das dann, wenn es darum geht, rund um Ein- und zwei Familien-Häuser – und davon gibt es in Deutschland rund 16 Millionen – Solaranalgen mit Wärmepumpen, Elektromobilität, Ladestelle und Speicheranlage zu kombinieren. Eine beinahe unschlagbare Kombination, die u.a. aktuell massiv gefördert wird.

Die aktuelle Koalition hat vieles richtig gemacht:

Im Rahmen der zuletzt verabschiedeten EEG-Novelle wurden allerlei Diskussionen geführt. Über Meta-Ziele, Ausbaupfade, den Stromverbrauch im Jahr 2030 und die neuen Ziele der EU. Alles richtig, aber das war nicht das Wichtigste bei der Novelle. Das Wichtigste war, Wege frei zu machen für einen raschen und verlässlichen Ausbau erneuerbarer Energien. Die Koalition hat das erkannt und sich nicht von den (nicht unberechtigten) Meta-Diskussionen von diesem Ziel abbringen lassen. Gut so!

Das im neuen EEG festgehaltene Ziel: 100 GW installierte PV-Leistung im Jahr 2030. Der Status quo zum Jahresende 2020: ca. 53 GW. Das neue jährliche Ausbauziel im EEG liegt bei fünf GW, beginnend ab 2021. Das entspricht einer Verdoppelung der bisherigen 2,5 GW pro Jahr. Über die Anpassung der Erneuerbare-Energien-Ziele an die höheren Klimaschutzziele der Europäischen Union sind zudem noch deutlich höhere Ausbauraten auch für die Photovoltaik zu erwarten und auch erforderlich. Bereits heute wird über ein neues Ausbauziel von 150 GW bis zum 2030 diskutiert.

Darüber hinaus hat es ganz beachtliche Verbesserungen des Rechtsrahmens für PV in der Gesetzesneufassung gegeben: Der Eigenverbrauch ist fortan für Anlagen bis 30 kWp statt bislang 10 kWp umlagebefreit, wovon besonders das Aufdachsegment im Heimanlagenbereich profitiert. Auch die Verbesserungen beim Thema Mieterstrom, vor allem die Ausweitung auf die Quartiersbetrachtung, die Anpassung der Förderung sowie die Rechtssicherheit bei der Gewerbesteuer werden die Photovoltaik weiter vorantreiben. Freiflächenanlagen können nun mit einer Größe von bis zu 20 MW an Ausschreibungen teilnehmen. Vorher waren es 10 MW.

Das alles ist noch nicht das Ende der Fahnenstange, manche hätten sich mehr vorstellen können, aber die Richtung ist eindeutig. Es ist gut, dass es auch in dieser Koalition Treiber von Energiewende und Klimaschutz gibt. Die Ergebnisse sind deutlich besser als ihr Ruf.

 

Andreas Kuhlmann